Samstag, 29. Dezember 2012

Rano Kau & Orongo

Der Vogelmannkult - was klingt wie eine Gruppe Ornithologen die mit halluzinogenen Drogen spielen war bis vor knapp 150 Jahren noch die alltags-bestimmende Religion der am nördlichsten gelegenen Ureinwohner-Siedlung "Orongo".

Auf den Spuren jener mysteriösen, alten Kultur machten wir uns an unserem ersten vollen Tag auf Rapa Nui auf zum gerade um die Ecke gelegenen Vulkan "Rano Kau". Zusammen mit Marcel, einem Schweizer, den wir am Vorabend bei der überraschenden japanischen Fisch-Verköstigung kennengelernt hatten, ging es vom Hostel aus entlang des "Sendero Orongo", der uns 300 Höhenmeter später am Krater des "Rano Kau" entlang in besagtes Dörfchen leiten sollte.


"OFFIZIELL am anderen Ende der Welt! 14570km nach Berlin"


"Den Weg nochmal überprüfen"

Eine Spezialität der Chilenen ist es aus Mücken Elefanten zu machen. So hat man z.B. eine Überlebenschance von 0,01 % wenn man mit dem Unternehmen "Tur Bus" fährt oder lebt extrem gefährlich wenn man sich am Strand sonnt, da ja spontan ein Tsunami kommen und dich nass machen könne. 

Eine Warnung hätte ich jedoch ernster nehmen sollen, was ich sofort nach 30 Minuten Wanderung am eigenen Leib erfahren würde: das Wetter ist hier so unberechenbar wie der Versuch durch 0 zu dividieren. Somit kann man hier das Phänomen eines lokal begrenzten Regens bewundern. Dieser wird aus ungefähr 1km langen dunklen Wolken in regelmäßigen Abständen über der Insel verteilt. Der Dank gilt an dieser Stelle an die Ureinwohner, die in ihrer Blütezeit gut alle indigenen Wälder gerodet haben -unterstellen: Fehlanzeige.

Die unfreiwillige zweite Dusche an jenem Tag war glücklicherweise nach 5 Minuten bereits an uns vorbeigezogen - wir konnten sie regelrecht wandern sehen! Wie eine Wand aus Regentropfen, die sich langsam von dir entfernt: WOW!


"links bestes Inselwetter - rechts die Wand"

Zu allem eleganten Überfluss hatte ich natürlich auch artgerecht meine Flip-Flops an! Dem Watsch-Spaß durch den nun aufgeweichten Schlammweg stand nichts im Wege. Der schöne Ausblick über Hanga Roa entschädigte jedoch jegliche Strapazen.


Ein paar Ausrutscher später kamen wir endlich am Krater des gigantischen Rano Kau an. Kurz mussten wir innehalten um die Magie dieses Ortes einzusaugen, den wir zu allem glücklichen Überfluss auch noch für uns alleine hatten! Uns offenbarte sich ein riesiger Süßwasser-Sumpf inmitten des Kraters, der hin und wieder von Seevögeln mit kurzen, schrillen Schreien belebt wurde. Ein Loch auf der Nordseite des Kraters erlaubte ebenfalls einen Blick auf das weite blaue Meer, das jedoch ganz an Bedeutung neben diesem vulkanischen Riesen verlor.



Und weil's so schön war, noch der Panorama-Shot!


Inzwischen klatschnass erreichten wir nach der halben Umrundung des Kraters die kleine Zentrale des Nationalparks "Orongo" am nördlichen Ende des Vulkans. Das immer noch nicht besser werdende Wetter gab uns die perfekte Chance um A: die Blasen zu leeren und B: alle Informationen der kleinen Ausstellung über Orongo und den Vogelmann-Kult durchzulesen, die sehr ansehnlich und kompakt an die Wände gehängt waren.

Als der gelbe Freund sich endlich wieder hinter den Wolken sehen ließ, beschlossen wir die ebenfalls komplett leeren Ruinen endlich zu besichtigen. "Orongo" erhält definitiv das Ruinen-Prädikat "Steine über Steinen vor Steinen unter mehr Steinen die neben Steinen liegen". Nicht jedoch, weil durch Verwitterung und menschliche Dummheit die Gebäude bis zur Unkenntlichkeit geschunden wurden, sondern weil die Behausungen der damaligen polynesischen Ureinwohner genau das waren.


Die Eingänge versprechen alles andere als Komfort, jedoch konnte man sich so ideal gegen die unberechenbaren und kalten Passatwinde schützen, die die Insel immer wieder heimsuchen. Auf dem Vorplatz spielten sich, wie man vermutet, die Zeremonien rund um den Vogelmann-Kult ab.

So fand nämlich jährlich ein Wettbewerb zur Ernennung des einjährigen Postens des Vogelmannes, dem höchsten Rang im Volke statt. Die tapfersten Männer schwammen von der Küste aus zur nahe liegenden Insel "Motu Nui" wo eine gewisse Zeit im Jahr eine Schwalbenart zuhause ist, die von den Inselbewohnern als Gottheit verehrt wurde. Die Männer verharrten solange auf der Insel bis einer das erste Vogelei des neuen Jahres fand - er war nun offiziell Vogelmann für die nächsten 365 Tage.




Irgendwie beneide ich das Orongo-Völkchen ja doch; Ich glaube niemand sonst konnte im Vorgarten ein kleines Inselchen mit Vögeln und im Hinterhof einen riesigen Vulkankrater sein eigen nennen. 

Auf dem Rückweg warfen wir noch einen Blick auf die in Stein gemeißelten "Petroglyphen", die Bildschrift der Ureinwohner. Hier wurden sowohl Fische, Vögel als auch Hybride aus Vogel und Mensch abgebildet - Vogelmann eben!


Am Nachmittag konnte ich es mir nicht nehmen lassen noch eine Runde in diesem einzigartigen Ambiente laufen zu gehen. Es ist ja nicht alle Tage, dass man beim joggen waschechte Moai zu sehen bekommt oder?


Beim Sonnenuntergang und dem verdienten Feierabend-Bier verabredeten wir uns mit zwei anderen Hostel-Gästen morgen in aller früh zum berühmtesten Moai-Altar dem "Ahu Tongariki" zu fahren um den wahrscheinlich imposantesten Sonnenaufgang auf diesem Planeten zu besichtigen. Freut euch schonmal!

Un abrazo,

Niclas

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