Mittwoch, 5. Dezember 2012

1,2,3 UCM!!!!!

"Die Chance klopft öfter an als man meint, aber meistens ist niemand zu Hause." - In meinem noch jungen Leben habe ich genau eines aus diesem Sprichwort des amerikanischen Humoristen Will Rogers gelernt: Gelegenheiten sind überall, aber die meisten Menschen vergessen links und rechts nach ihnen Ausschau zu halten und sie bei der Hand zu packen.

Da mir wie in den USA, nur ein Jahr in Chile bleibt, um möglichst viel mitzunehmen, habe ich mich automatisch in einen Gelegenheits-Sucher entwickeln müssen. Und ich muss sagen, ich bin wohl ziemlich gut darin ;-).

Da ich die Suche nach einer Handball-Mannschaft damals nie aufgab, ergab sich mir das einzigartige Erlebnis - wie das letzte Mal berichtet - an den nationalen chilenischen Handball-Meisterschaften mit dem "Club Deportivo Universidad Catolica del Maule TALCA" teilzunehmen!

Dienstag bis Samstag war also Handball-PUR! angesagt. Und wie es sich für ein Event von nationaler Größe gehört bekamen wir auch alle 4 Tage Vollpension im Windsor-Suites Hotel in Santiago spendiert - not bad!


"Wir kommen an!"


"Dem Luxus nicht zu wenig - eine Terrasse mit Blick auf den Hügel Santa Lucía"


Los geht's mit:

TAG 1:

Frisch eingecheckt ging es direkt den Kohlenhydrat-Spiegel beim Mittagessen mit leckerer Pasta auffüllen - schließlich mussten wir noch diesen Nachmittag unser erstes Gruppenspiel gegen den Vertreter der südchilenischen Stadt Valdivia - CD Kimeltu - bestreiten.

Schuhe, Trikotsatz und Flüssigkeiten eingepackt, holte uns der Reisebus Punkt 16:00 am Hotel ab um uns ein erneutes Mal zum CEO zu bringen. Schon vor dem Eingang stand ein riesiger Van des Fernsehsenders CDO, der unsere heutige Partie live im Pay-TV übertragen sollte - Was für eine supergeniale Sache!



Generell war ich sowohl begeistert als auch ziemlich überrascht über den finanziellen als auch medien-technischen Aufwand, den man hier für uns betrieb! Handball ist schließlich immer noch eine Randsportart in Chile (das ist aber auch jeder Sport außer König Fußball).

Nach kurzen Interviews der Trainer und Aufstellung der Mannschaften am Mittelkreis, durften wir kurz in die Kamera winken bevor das Spiel, gepfiffen von Nationalspieler Victor Donoso(!!), endlich losging. Es war ein enges Spiel, das aufgrund vieler individueller Fehler jedoch immer zugunsten einer Mannschaft fiel. Am Ende entschieden wir die Partie jedoch mit 35:30 für uns. Was für ein Einstand! Unser Ziel, mindestens einen Sieg aus dem Turnier mitzunehmen und somit wenigstens für das Spiel um Platz 5 zu qualifizieren, erfüllte sich bereits am ersten Tag!




Auch ich hatte keinen schlechten Tag erwischt und wurde mit 10 Toren zum Spieler des Spiels gewählt - inklusive Interview mit der durchaus heißen Moderatorin! Ich weiß nicht ob es an ihr lag oder meiner Erschöpfung, dass ich trotzdem nur irgendwelchen Kauderwelsch herausbrachte - souverän gemeistert Herr Gottmann!

Der Aufregung nicht genug kam ich kurz nach dem Spiel noch zu einer ganz besonderen Ehre: der Trainer der Nationalmannschaft höchstpersönlich (er führte Chile bereits zur WM und London 2012) lud mich zur Seleccion ein und fragte mich, ob ich denn irgendein offizielles chilenisches Dokument besäße.

Leider besteht die einzige Möglichkeit im D-Zug chilenischer Staatsbürger zu werden darin, eine Chilenin zu heiraten (was als blonder Europäer leichter ist als sich mit einer besoffenen Amerikanerin in Vegas zu liieren)...Ich mit meinen knapp 20 Umrundungen aber fühle mich da noch ein bisschen zu jung um vor den Altar zu treten!

Also musste ich schweren Herzens verneinen - kein Rio 2016 für mich haha!

Was für ein Tag, irgendwie fühlt man sich dann doch auch fast wie ein Profisportler mit Hotelleben zusammen mit den anderen Mannschaften, Bustransfer und Fernsehübertragung ;-)

Nach einem Siegerbier ging es dann aber auch ab ins Land der Träume um am nächsten Tag fit zu sein, denn...

TAG 2:

...es ging zum ersten Mal gegen eine Mannschaft mit Nationalspielern. Ausgeschlafen und mit einem herzhaften Frühstück im Gepäck ging es in Richtung Halle. Unser Spiel wurde heute nicht übertragen, was im Nachhinein auch ganz gut war so.

Denn wie man so schön sagt kommt nach dem Hochmut der Fall und mit ihm eine 53:23 Klatsche!
Man merkte, dass die Mannschaft angeschlagen vom gestrigen Spiel war und uns fehlte im Kollektiv die Motivation und Zusammenarbeit. Und dann verliert man auch mal so hoch!

Es war trotzdem eine geile Erfahrung einen Nationalspieler decken zu müssen, der zudem schon bei den beiden bedeutendsten Turnieren im Handballsport teilnahm! - Chancen diesen 2,05m Koloss auszuschalten hatte ich kaum...aber ich musste auch halb decken, was nicht unbedingt meine Stärke ist ;-).



Zumindest gewann am Abend das lokale Fußball-Team aus Talca ihr Viertelfinal-Hinspiel der chilenischen Play-Offs...ein kleiner Wermutstropfen.

TAG 3:

Der im Turnier für mich als Feldspieler aufregendste Tag, da im gegnerischen Tor die Nummer 1 der Nationalmannschaft Felipe Barrientos zwischen den Aluminium-Pfosten stand! Ein waschechtes Finale um den Halbfinal-Einzug zudem, da beide Mannschaften mit jeweils einem Sieg und einer Niederlage in die Partie gingen.


"Das ist der Typ!"

Wir kämpften hart aber verloren schließlich auch die zweite Partie in Folge mit 32:17. Zumindest war unser Auftritt diesmal ganz anders als eklatant, wie der vom Vortag. Mein eigenes kleines Erfolgserlebnis war jedoch die hervorragende Quote gegen Barrientos: 6 von 9 Würfen waren im Netz, dazu auch ein 7-Meter. Ihr könnt euch nicht vorstellen was für ein geiles Gefühl das ist im 1-1 beim 7-Meter vor einem Olympia und WM-Torwart zu stehen - GEIL!

Auch diese Partie wurde nicht aufgenommen, jedoch bekamen wir eine DVD mit der ersten Partie, die wir zurück im Hotel 3 Stunden lang analysierten und uns für das am nächsten Tag folgende Spiel um den 5ten Platz vorzubereiten. Ebenfalls ein geiles Andenken, da ich jetzt diese professionelle Aufnahme mit Kommentatoren, Zeitlupe und meinem Interview besitze!

So langsam spürte ich aber auch jeden einzigen Knochen und Muskel meines Körpers - 3 Tage in Folge 60 Minuten durchspielen geht an die Substanz.

TAG 4:

Das letzte Mal ging es heute zurück in die Halle um besagtes Spiel um den 5ten Platz gegen den Vertreter aus Puerto Montt, eine Stadt ebenfalls im Süden Chiles zu absolvieren. Sie hatten sich zur Feier des Tages alle einmal quer die Haare rasiert - was bescheuertes hab ich in meinem Leben vorher noch nie gesehen. Also entweder alles ab oder alles drauf - aber bitte nicht halb ab!


"Gruß in die Kamera"

Mit ungefähr 70% mir noch verbleibender Energie musste ich also wieder 60 Minuten auf den Platz und wurde zudem noch Mann gedeckt...heißt: freilaufen - und das kostet!


"Man beachte die Haarpracht des Gegners!"


Die Halbzeit lag ich komplett hechelnd auf dem Boden, es wird langsam echt Zeit mal wieder Platz zwischen den Rippen zu schaffen und intensiv Sport zu treiben ;-).

Das Spiel ging vor laufender Kamera leider mit 32:28 verloren, was uns aber trotzdem einen versöhnlichen 6ten Platz in der ersten chilenischen Meisterschaft im Handball besorgte! Bedenkt man, dass im kompletten Qualifikationsprozess ganze 32 Mannschaften teilgenommen haben, klingt 6ter ja auch gar nicht mal soooo schlecht ;-)

Da man uns noch eine Nacht im Hotel schenkte, entschieden wir uns dieses Angebot auch wahrzunehmen und Santiago unsicher zu machen. Nachdem ich mich kurz mit Ronja getroffen hatte, die zufällig auch gerade in Santiago unterwegs war, ging es ab nach Bellavista, wo ich nicht unweit vom Pablo Neruda Haus mit ein paar Freunden die erfolgreiche Woche ausklingen ließ, bevor es am Samstag-Mittag wieder nach Talca ging.

Was dort wieder spannendes passiert ist, das erzähl ich euch beim nächsten Mal!

Abrazos,

Niclas

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen