Dienstag, 23. April 2013

Camus hat Bilder von Chapu!

Diese und andere rhetorische Meisterleistungen sind die Schlagzeilen, die jeden Tag zur besten Feierabendzeit im chilenischen Fernsehen wie wild diskutiert werden. Die zwei konkurrierenden Sendungen "Alfombra roja" (Der rote Teppich) und "Secretos a Voces" (etwa "Geheimnisse kommen ans Licht") beschmeissen sich so in einer Gesprächsrunde von etwa 7 Leuten mit schein-intellektuellen Analysen der neusten Faux-Pas, die sich die aufmerksamkeitssüchtigen chilenischen D-Promis mal wieder erlaubt haben.

Um euch das Ausmaß dieser gehirnquillenden Volksverblödung näher zu bringen, stellt euch doch bitte einmal folgendes deutsche Equivalent vor: "Heute exklusives Gesprächsthema bei Anne Will: Warum Dieter Bohlen schon wieder eine Neue vögelt!"

Ja, es ist traurig, aber so tief ist das Niveau der chilenischen Medien bereits gesunken - wobei die Frage offen bleibt, ob es denn überhaupt mal höher war. Der einzige Grund, warum ich meinen Feierabend damit verbringe diesen Clowns zuzuhören, wie sie analysieren, warum Mariana Marinos Sex-Tape an die Öffentlichkeit gekommen ist, oder ob die Popularität von männlichen Strippern aufgrund der neuen Fernsehserie "Las Vega's" zunimmt, ist der einfache Grund, dass es die einzige Möglichkeit neben den alltäglichen Konversationen ist, mein Chilenisch weiterhin auf Vordermann zu bringen.

Der negative Nebeneffekt dieser anscheinend polarisierenden Vorabend-Sendung ist, dass der Pedro-Normal-Chilene mehr Ahnung von den Streitereien zwischen Tanza Varela und Kel Calderón, als dem Konflikt zwischen Ost und West im Kalten Krieg hat. Somit wird mir leider auch immer die grandiose Frage gestellt: "Welche Stellung hast du denn bei den Nazis?" und "Wie ist Hitler als König so?" - Ich habe trotzdem die Hoffnung in dieses Land noch nicht verloren...


Zu den positiveren Sachen dieser Woche - immerhin will ich mich ja nicht immer nur beschweren! Wir haben einen neuen Mitbewohner zu begrüßen: Sein Name ist "Miclán" (eine Hommage an die verschiedenen Verformungen, die mein "ach so schwerer" Name hier in Chile durchmachen musste) und er ist ein knapp 3 Wochen alter Kater. Wir sind natürlich sofort beste Freunde geworden!


Außerdem fanden in diesen drei letzten Tagen vor den Sommerferien die Abschlussfeierlichkeiten der ältesten "Compañeros" im Kindergarten statt. Im amerikanischen Stil wurde so jede 3-jähriges Balg im Beisein der stolzen Eltern mit einer Urkunde ausgestattet. Die Verabschiedung dauerte rund 45 Minuten und auch wir mussten uns nun von den 40 uns sehr ans Herz gewachsenen Unruhestiftern verabschieden - sie sind nach den Sommerferien dann im richtigen Kindergarten.





Un abrazo,

Niclas

Montag, 22. April 2013

Hoch im Sattel

Noch bis zum Ende des 19. Jahrhunderts waren sie das Fortbewegungsmittel Nr. 1 - 3 verschiedene Gänge, bequeme Sitzflächen für 2 Personen und kinderleichte Lenkung. Bevor Carl Benz mit der Erfindung des Motors den Weg für den Siegeszug des Autos ebnete, waren jene Pferde das Prachtstück im hauseigenen, wahrhaftigen "Rennstall".

Doch nicht in allen Ecken der Welt hat der motorbetriebene Vierradler eine Vormachtstellung. So unter Anderem auch nicht auf Mocha: Die Inselbewohner bevorzugen bis heute die flexiblere und schnellere Fortbewegung zu Pferde auf den gemeingefährlichen "Straßen" des Eilands.

Da sich nach 2 vollen Tagen auf der kleinen Insel sich auch so langsam das Spektrum an neuen, zu entdeckenden Sachen verkleinerte, entschieden wir uns, die Insel mal aus der Sattel-Perspektive kennenzulernen - so wie es seit Jahrhunderten die Einheimischen machen.

Reiten...versucht hatte ich es bereits ein Mal in Nebraska (ein Video sollte es davon auch noch auf meinem Youtube-Kanal geben) und meine Erinnerungen an diese durchaus schmerzhafte Erfahrung waren definitiv nicht fördernd für meine Vorfreude auf den morgendlichen Ausritt. 

Das erste Pferd, das mir von Julio zugeteilt wurde - ein junger Gaul im Alter von knapp 4 Jahren - war von seiner neuen Fracht auch nicht sonderlich beeindruckt und stellte sich stur gegen das Abenteuer inklusive deutschem Reiter. Schnurstracks hatten wir jedoch einen anderen, weiblichen Vierbeiner am Lasso, der mich nun wohl gerne auf seinem Rücken willkommen hieß.

Im einhändigen Western-Style ging es nun also über die Dünen-Landschaften hinab zu den Stränden. Erstaunlicherweise harmonierte ich sehr gut mit meinem Pferd und wir konnten sogar filmreif im Galopp an der Wasserlinie über den Strand düsen. Vom Sattel bin ich außer einer kurzen kritischen Situation trotzdem nie gefallen - hier ein persönlicher Schulterklopfer und die entsprechenden Beweisbilder:




Was ich nun völlig vergessen hatte war meine Tierhaar-Allergie, die mir nach dem 2-stündigen Ausritt rote Beine und ein aufgequilltes Gesicht bescherte - dies war also nicht der Anfang einer glamourösen Reit-Karriere meinerseits.

Den Nachmittag nahmen wir uns vor, den windarmen und sonnigen Tag am weißen Strand neben dem Leuchtturm zu verbringen. Nach der 1 1/2-stündigen Wanderung erwartete uns ein wie immer verlassener, ruhiger Ort - perfekt die Seele ein bisschen baumeln zu lassen.




Eigentlich sollte es Montagmorgens wieder zurück auf's Festland gehen, um pünktlich Dienstags wieder in Talca auf der Arbeit anzutanzen. Ein trüber, benebelter Himmel machte uns jedoch einen ordentlichen Strich durch die Rechnung - Flugverbot aus dem Tower in Tiúra. Man teilte uns mit, dass wir wohl erst gegen Nachmittag oder Abend fliegen würden. Wir nutzten so den Vormittag, um noch einmal um die Südspitze der Insel zu wandern; auch hier findet man eine wieder komplett spezielle und diverse Landschaft.





Unterwegs hielt uns auch noch der einzige Polizist der Insel auf seiner Streife über den Strand an - nicht jedoch um uns festzunehmen sondern eher um sich seinen wohl durchaus ereignislosen und langweiligen Arbeitstag etwas zu versüßen. 

Der Himmel klärte aufgrund der Flaute nicht mehr auf und wir flogen diesen Abend nicht zurück zum Kontinent. Man schenkte uns eine weitere Nacht auf der Insel und den Transfer nach Concepción im Auto der Hotelbesitzer, die am nächsten Tag ebenfalls zu besagter Hafenstadt reisen mussten.

So ging es Dienstagmorgens mit dem Flieger vom hoteleigenen Landeplatz hoch in die Luft um 12 Minuten später auf der Steilküste Chiles zu landen. Wir verabschiedeten uns vom Pilot und setzten uns mit der deutschsprachigen Hotelbesitzerin, dem Ehemann und deren Sohn in den Wagen mit Ziel Concepción. Mit der ehemaligen Deutschlehrerin mit deutschen Wurzeln hatten wir ein nettes Gespräch, bis sie uns schließlich am Terminal absetzten und wir den nächstbesten Bus zurück in die 7. Region des Landes nahmen - der Startschuss für den Sommerurlaub war somit bestens geglückt!

Un abrazo,

Niclas

Freitag, 19. April 2013

Dschungelfieber

Wenn es sie tatsächlich geben sollte, welche ist wohl die sanfteste und schönste Art für euch geweckt zu werden? Wenn es für mich eine gibt, dann ist es definitiv das Rauschen des Meeres. Nicht um euch neidisch zu machen oder so, aber die morgendliche Geräuschkulisse in unserem Hotelzimmer war mindestens 5-Sterne-würdig. So fiel es auch nicht sonderlich schwer sich unter die kalte und wasser-arme Dusche zu quälen.

Das leckere Frühstück inklusive selbstgemachtem Brot und allen möglichen Sorten an Honig und Marmelade im Magen, ging es für uns auf die erste Erkundungstour der Insel auf eigene Faust. Von unserem Hotel aus hatten wir uns überlegt, einfach mal Richtung Norden loszuschlendern.

An einer kleinen Dünen-Landschaft vorbeigekommen, eröffnete sich uns nach einer knappen halben Stunde ein riesiger, ellenlanger, verlassener Strand an dem nur vereinzelt Menschen "Cochayuyo" einsammelten. "Cocha-" was? Keine Angst, die selbe Frage musste ich mir auch erst einmal stellen! Es handelt sich hierbei um eine Alge, die eine sehr beliebte Zutat für chilenische Meeresfrüchte-Suppen ist. Im Sommer, wenn diese Alge vor der Küste auflagert, zieht es ganze "Sammler-Familien" an die Küste um sich während der Ferienmonate ein bisschen extra "Plata" (chilenisches Umgangs-Wort für Geld) in die Tasche stecken zu können. Hier ein paar Impressionen:





Auf dem Rückweg begegnete uns auch noch die fast ausgestorbene und äußerst seltene Spezies der "Vacca litoris" (Strandkuh) - Achtung, Ironie!



Nach dem Mittagessen stand die Hauptattraktion des heutigen Tages an. Zusammen mit Julio und den anderen Hotelgästen ging es im Jeep auf die andere Inselseite um dort zunächst die einzige wirkliche Ansammlung an Häusern der Insel zu besichtigen, die man als "Siedlung" bezeichnen könnte. Bis heute hat sie noch keinen offiziellen Namen aber es gibt doch tatsächlich eine Polizeizentrale auf der "Hauptstraße". Nach der kurzen Besichtigungstour und einem kleinen Einkauf im einzigen Laden der Insel, wurden wir zum Eingang des "Parque Nacional Isla Mocha" gebracht. Dieser Nationalpark ist in der Hinsicht besonders, da er den wohl ältesten indigenen Wald Südamerikas beherbergt. Wie eine riesige Kuppel erhebt sich dieser nämlich auf einem Berg, der urplötzlich etwa 200m vom Strand entfernt in die Höhe schießt.

Für den Rundweg von etwa 4 Stunden sollten wir uns ein bisschen extra-Zeit lassen um das ganze auch wirklich zu genießen. Nach der Anmeldung beim einzigen Ranger-Büro des Parkes (langweiligster Job der Weltgeschichte?!) ging es auch schon hinein ins Urwald-Vergnügen.



Und dieser Wald hatte wirklich seine Besonderheiten! Hier eine kleine Auswahl von Fotos, um euch ein bisschen die Stimmung zu vermitteln...


"tiefstes Dickicht..."


"eine kleine Lichtung..."


"ein versteinerter Frosch?..."


"wunderbare Aussichten auf die Küste..."


"große Stämme..."


"...und Lianen! Ein bisschen auf Tarzan zu machen war unvermeidbar..."


Nun, was soll ich euch groß von einem Wald erzählen? Stock und Stein, Baum und Tier...Apropos Tier, leider habe ich keine Fotografie, aber es verfolgte uns ein lokaler, auf der Insel endemischer Vogel mit unverkennbarem Lockruf während unserer kompletten Wanderung durch sein Zuhause - ein sehr netter Fremdenführer! Bei einer kurzen Pause in der einzigen großen Lichtung des Waldes (die normalerweise ein Teich war, nach dem Erdbeben jedoch ausgetrocknet ist) zeigte er sich sogar kurz.



Als wir gegen Abend auf der gegenüberliegenden Seite der Insel aus dem Wald kamen und die Sonne bereits Richtung Horizont steuerte, offenbarte sich uns ein wunderbarer Blick über die Westseite der Insel und die unendlichen Weiten des Pazifik. Immerhin konnte man von hier aus theoretisch bis nach Neuseeland gucken!





Am Fuße des Berges, in der Nähe des alten Leuchtturms wurden wir schließlich von Julio mit dem Jeep und einem Anhänger abgeholt. Was bei den vielen Schlaglöchern auf der Insel eigentlich eine gemeingefährliche Angelegenheit ist, ließ ich mir trotzdem nicht entgehen, setzte mich mit den anderen Gästen auf den klapprigen Holzanhänger und genoss die Fahrt zum Hotel mit der sich immer schneller senkenden Sonne im Hintergrund...




Un abrazo,

Niclas

Mittwoch, 17. April 2013

Treasure Island..

Seit der Zeit der großen Entdecker wie James Cook, Vasco da Gama oder Cristóbal Colón träumt die Menschheit vor allem in der Literatur von einsamen, verlassenen Inseln inmitten der 7 Weltmeere - vor Allem aber von verlorenen Schätzen, die irgendwo auf ihnen begraben sind.

So wie Jim Hawkins in Robert Louis Stevenson's weltberühmtem Roman "Die Schatzinsel" haben wir uns gefühlt, als es für uns auf die erste Reise der Sommerferien auf die ziemlich unbekannte "Isla Mocha" ging, die unmittelbar vor der chilenischen Küste im südlichen Pazifik liegt. Das Gespräch mit einem Chile-Kenner aus Talca, der uns die Insel als schönstes Inselparadies der Welt beschrieb, gewann unsere Neugier und erweckte unsere Abenteuerlust wie die Schatzkarte des Piraten Flint, die Hawkins dem alten Bones klaute.

Da wir uns jedoch nichtmehr im 19. Jahrhundert befinden - in welchem der Roman veröffentlich wurde - reisten wir gemütlich zuerst mit dem Bus nach Concepción. Die Hafenstadt und zweitgrößte Agglomeration Chiles ist das Drehkreuz für alle lokalen Busse in der 8. Region und außerdem das Zuhause unseres Mit-Freiwilligen Jakob.

Nach dem Einquartieren in unserem sehr familiären Hostel inklusive Stadtblick, ging es mit Jakob auf kurze Entdeckungstour durch das Zentrum von Concepción. Naja, eigentlich schauten wir uns nur schnell die Universität an und ließen uns schließlich in der Studentengasse in einer Bar nieder. Ein paar Bier später und dem Austausch der neuesten Neuigkeiten, ging es zurück ins Hostel und in's Bett - schließlich mussten wir für die Entdeckungsreise am folgenden Tag fit sein.


"Concepción bei Nacht"

Früh um 8 begann unser Tag am Busterminal, um den nur zwei Mal am Tag verkehrenden Transfer nach Tiúra - eine Stadt im Süden der 8. Region - wahrzunehmen. Da der Bus wie ein typisch deutscher Regio in jedem Kaff mit zwei Kühen hält, brauchten wir für die nur fast 150km lange Strecke ganze 4 Stunden. 

Angekommen in besagter Stadt, stand der spannendere Teil des Tages an: Da kaum Schiffe zur Insel pendeln, hat sich im Laufe der Zeit ein kleines Netz von 5-Mann Maschinen etabliert, das Bewohner, Touristen und Lebensmittel von und zur Insel transportiert.

Am kleinen Flugfeld hoch auf der Steilküste stiegen wir, unwissend wer uns nun auf das Eiland befördern würde, in den nächstbesten Flieger ein. Zusammen mit einer Inselbewohnerin nahmen wir auf unserem Gepäck im Stauraum Platz.



Mit der sich an meinen Arm klammernden Inselbewohnerin, die anscheinend ordentlich Flugangst hatte, genossen wir den unglaublich schönen Ausblick auf den chilenischen Kontinent und die 12 Flugminuten entfernte Pazifikinsel.



Alles konnte bei meinem Glück natürlich nicht nach Plan laufen. Mit typisch deutscher Hetzerei und Angst, zu spät am Flughafen angekommen zu sein, stiegen wir nämlich schnurstracks in den falschen Flieger ein; Das merkten wir jedoch erst, als uns der eigentliche Pilot vom Festland anrief - als wir schon auf der Insel waren - und der Andere darauf bestand von jedem von uns 25 Euro einzukassieren. Nach einem kurzen hin und her holte uns der Sohn des Herberge-Besitzers ab und klärte die Ungereimtheiten mit dem schmollenden Herrn im Plastikflieger - bezahlen mussten wir nie.


"Eine von zwei Landebahnen auf Mocha"

Zusammen mit Julio - so hieß nämlich besagter Sohn und Reiseführer für die nächsten Tage - machten wir uns über die sehr einfachen "Straßen" auf an's andere Ende der Insel, wo sich die kleine Hotelanlage inmitten eines selbst angelegten Wäldchens lag.

Unsere Sachen im sehr modernen Holzbau untergebracht und den Magen mit dem köstlichen und groß aufgetragenen Mittagessen zugeschlagen, ging es mit Julio direkt zum ersten "Point of Interest" auf der Insel - der "Faro viejo".

Dieser knapp 15m hohe Leuchtturm, der auf einem allein stehenden Felsenriff erbaut wurde, hatte es mir besonders angetan. Der Standort am einzigen wirklich weißen (und komplett verlassenen!) Sandstrand der Insel erzeugt zudem ein unglaubliches Gefühl von Einsamkeit und innerer Zufriedenheit. Ich ließ es mir zumindest erst einmal in den Dünen gut gehen:





Da wir uns auf einer kleinen Insel mit 800 Einwohnern, und obendrauf auch noch in Chile befanden, war es natürlich kein Problem, sich das alte Bauwerk mal von innen anzusehen. Entsprechend geniale Fotografien sind dadurch entstanden:





Wieder von Julio mit dem Jeep eingesammelt, ging es zu einem sehr speziellen Ort auf Mocha - den Gaslöchern. Hier haben wir ein kleines Beispiel dessen, was die Isla Mocha zu "Klein-Island" macht - nun ja, zumindest ohne Gletscher, Schnee und Geldproblemen...



Das leckere Abendessen, sowie der wunderschöne Sonnenuntergang am Felsenriff mit einer Flasche Wein rundeten den ersten Tag im Inselparadies erfolgreich ab. Zusammen mit Julio und den anderen Hotelgästen (6 an der Zahl) ließen wir später bei noch ein paar Gläsern rotes Tröpfchen den Tag endgültig ausklingen.

Mal sehen, ob wir morgen die verstecke Schatztruhe auftreiben können - Harrrrr!

Un abrazo,

Niclas