Mittwoch, 19. Dezember 2012

Ein paar Ereignisse...


Fast von jedem Chilenen mit dem ich darüber rede, welche Orte ich in Chile bereits besucht habe und was meine Reisepläne für die Zukunft sind, muss ich mir folgende Sätze anhören: Version A "Mann, am Ende kennst du ja mehr von Chile als ich selbst!" oder Version B "Von der Hälfte dieser Orte hab ich in meinem Leben noch nie gehört!"

In der Tat wissen Chilenen sehr wenig um die Naturschönheiten, die manchmal direkt vor ihren Augen liegen. Vielleicht kennen wir diese Plätze aber auch nur, weil wir uns als Besucher sowieso intensiver mit dem Land und unseren Reisemöglichkeiten beschäftigen.

Eine dieser fast unbekannten Perlen der chilenischen Natur wollten wir zusammen mit Frank, ein deutscher (eben er als Ausländer kennt diese Plätze ja ;-)) Reiseführer, der hier in Talca den Stammtisch organisiert, besuchen: Den Salto Arco de Iris (Regenbogenwasserfall) nah an der Grenze zu Argentinien, hoch oben in den Anden.

Proviant und Wanderlust eingepackt ging es früh morgens mit dem Mini-Van in Richtung Kordillere.
Der Pass nach Argentinien ist eigentlich nur im Sommer offen, da im Winter zu viel Schnee und Steinschlag-Gefahr ist. Mit einer Sondergenehmigung durften wir aber trotzdem durch die Kontrolle - in 2 Wochen wird er eh eröffnet.

Am Ausgangspunkt angekommen begrüßte uns ein mäßiger Wind und rund 15° Außentemperatur. Wenn die Sonne nicht scheint purzeln die Grade hier in Chile in Sekundenschnelle! 



Nach ein paar Minuten wandern durch die karge Landschaft konnten wir schon das erste Highlight auf unserer Tour bewundern: Der "Backenzahn des Teufels"! Es ist irgendeine Form von Sandstein und hat sich über die Jahre so geformt - sieht interessant aus, nicht?



Über Stock und Stein ging es an den Ufern des "Río Maule", dem namensgebenden Fluss unserer Region entlang, bis wir schon einen ersten Blick auf den "Salto Arco de Iris" werfen konnten.



Das Wetter spielte im entscheidenden Moment auch super mit und so hatten wir binnen 5 Minuten einen glasklaren Himmel und 10 Grad mehr auf dem Thermometer! Die Berge sind echt tückisch, ich habe an diesem Tag meine Jacke gefühlte 50 Mal aus und wieder angezogen!

Bis zu unserem Picknick-Stopp am Fuß eines anderen Wasserfalls ging es aber noch ein Stückchen weiter durch das malerische, fast schon unwirklich erscheinende Tal. Ich lasse euch hier kurz mit ein paar Impressionen alleine:




Nach rund 2 Stunden Wanderung kamen wir schließlich an besagtem Wasserfall für eine kleine Stärkung an. Frank hatte Brot, Käse und Schinken für den kleinen Hunger mitgebracht. Leider schlug das Wetter wieder um und wir mussten unser Sandwich bei gefühlter Windstärke 12 verzehren.



Zurück zum Auto ging es also wieder den gleichen Weg, jedoch bei sich immer weiter zuziehenden Wolken. Dort angekommen fuhren wir noch weitere 6 Kilometer östlich um an den Abgrund des eben bewunderten "Salto Arco de Iris" zu kommen. Leider wurde es immer ungemütlicher und auch die ersten Wassertropfen landeten auf meinem Gesicht.

Nichtsdestotrotz sollte dem eigentlichen Highlight nichts im Wege stehen - zumindest von meiner Seite aus. Also wechselte ich schnell in meine Badehose und quälte mich zitternd bei nun knapp 7 Grad zur Wasserkante. Egal wie - es musste nur irgendwie schnell gehen - wollte ich in dem sich natürlich geformten Schwimmbecken 3 Meter vor dem 150m steilen Abgrund baden gehen!



Bereuen sollte ich es trotzdem nicht: Nach dem knapp 2-minütigen Badegang fühlte ich mich wie neugeboren und fast resistent gegen jede Art Wind oder Kälte die noch in unserer Umgebung herrschte ;-).



Umgezogen und ein Gruppenbild später ging es noch ein bisschen das Tal entlang bis wir uns schließlich aufgrund des immer stärker werdenden Regens entschieden die Heimreise anzutreten. 



Eigentlich sollte der Rückweg auch wieder nur 1 1/2 Stunden dauern, aber es machte uns eine ganz eigene chilenische Tradition einen Schnitt durch die Rechnung: Wenn in Chile nämlich bedeutende (oder reiche) Persönlichkeiten sterben, wird eine extravagant große Feier veranstaltet. Um jedoch zum Friedhof zu kommen versammeln sich die rund 300 Menschen mit ihren knapp 150 Autos am Haus des Toten und bilden von dort aus eine Karawane die in SCHRITTTEMPO!!!! zum Friedhof fährt. Natürlich gerieten wir in genau so eine auf der EINSPURIGEN Landstraße zurück nach Talca….Erneute Geduldsprobe für mein deutsches Gemüt, da wir rund 1 Stunde hinterher tuckern mussten.

Gut ausgeschlafen ging es Freitags munter auf die Arbeit. Für heute stand ein Ausflug an den "Río Claro" mit den älteren Herrschaften an, um zu grillen und ein wenig Abwechslung in die Tagesroutine zu bekommen. Zusammen mit unserem Busfahrer, der die 20 abuelitos samt Essen und Geschirr an den Fluss befördert hatte, sollte ich mich um das asado kümmern; bzw. zuerst einmal um das Feuer.

Nicht schlecht gestaunt habe ich, als der Busfahrer zur Holzkohle die Plastiktüten dazuwarf um das Feuer schneller zu entzünden! Als ich im erzählt hab', dass das ziemlich krebserregend wirken kann, hat er mich wie aus allen Wolken fallend angeguckt und sie sofort entfernt - gerade an Aufklärung von gesundheitsschädlichen Dingen leidet es in diesem Land. Stattdessen werden "light" Produkte wie am Fließband verkauft und auch noch als "viel gesünder" und "weniger fettmachend" betitelt. Die breite naive Masse glaubt das dann leider.

Trotzalledem habe ich nun endlich gelernt, wie man denn ein leckeres chilenisches asado anfertigt. Zuerst wird nämlich der Grill mit einer Zwiebel bestrichen. Danach wird das Fleisch (roh und ohne Gewürz) kräftig mit Salz eingerieben und auf das Blech geknallt! Klingt simpel ist aber unfassbar lecker - und BBQ Saucen braucht man auch keine!



Ein lokaler Sänger war von einer Mitarbeiterin eingeladen und bedudelte uns noch den Rest des Ausfluges mit chilenischen Klängen während sich alle am leckeren Essen und guten Konversationen erfreuten.



Am Abend trafen sich die Ausländer Talcas um zusammen die letzte Woche einiger unserer Freunde, die wieder in ihre Länder in aller Welt zurückkehren, einzuläuten. Zur Feier des Tages hatten wir in einem talquinischen Club eine Party organisiert um dies auch gebührend zu feiern. Der Bus, der sogar extra organisiert war um uns vom Campus zum Club zu fahren, kam aber nie - wenn man von einem Taxifahrer o.ä. gesagt bekommt "Ich bin in 10 Minuten da" fängt man hier generell besser schonmal an zu laufen. Gottseidank gibt es aber Privattaxis, deren Fahrer man auch unter der Woche aus dem Schlaf klingeln darf - Wir kamen deshalb trotzdem noch rechtzeitig an.

An diesem Tag startete auch DAS wichtigste Event für die Chilenen nach ihrem Nationalfeiertag, dem 18. September. Wer da an irgendein anderes wichtiges Datum wie z.B. den Neuanfang als Demokratie 1990 denkt, liegt denkbar falsch..

Der TELETON ist vom 30-1. Dezember das Thema von dem jeder spricht. 48 Stunden läuft dann auf allen 5 nationalen Kanälen eine Charity-Show, die immer wieder Geschichten von Kindern erzählt, die ein schweres Schicksal erleidet haben. Zeitgleich sind alle Banken in allen chilenischen Städten geöffnet um Spenden von den Leuten einzusammeln. Wie verrückt rennt dann jeder zur nächstbesten Bank um ein paar Luka, wie die 1000 Peso Scheine hier genannt werden, in die Trommel zu werfen.

Alles schön und gut. Die traurige Seite ist, dass sich den Rest des Jahres keiner um diese Kinder schert. Ob das gespendete Geld schlussendlich auch seinen Weg zu den Bedürftigen findet, ist ebenfalls anzuzweifeln. Generell bekommen diese Kinder KEINERLEI Unterstützung des Staates. So etwas wie den Behinderten-Ausweis gibt es hier nicht.

Ich liebe die Chilenen, aber König Fernseher ist hier die Gottheit…Andere (effiziente) Meinungsresourcen gibt es wenig und so glaubt die Mehrheit alles, was ihnen in der Mattscheibe schönes erzählt wird. 

Hier zwei aktuelle Beispiel-Märchen, die das Fernsehen wie verrückt breittretet und die Öffentlichkeit schluckt:

1. Die Welt geht am 21. Dezember unter.
    - kein Spaß, es gibt Leute die jetzt schon wie wild hamstern!

2. Geht die Welt nicht unter, verschwindet die Sonne vom 21-24. Dezember und es ist 3 Tage dunkel.
- Na dann, sie ist bestimmt nur kurz einkaufen...


Einen mayanischen abrazo,

Euer Niclas

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