Sonntag, 21. Oktober 2012

Valparaìso, que disparate eres...


Mit jenem ersten Vers eines berühmten Gedichtes des chilenischen Poeten Pablo Neruda möchte ich diesmal meine Erzählungen beginnen: Ja, welch Ungereimtheit (chil. "disparate") diese wunderschöne Stadt nicht nur in sich, sondern auch im Kontrast zu den restlichen Städten Chiles darstellt, sollte ich am vergangenen Wochenende dann auch endlich kennenlernen!

Hier schonmal die Vorwarnung: es wird lang! Also schnappt euch einen Tee, Kaffee, Bier..was auch immer und macht es euch gemütlich bevor ihr weiterlest!

Los geht's: Da wir aufgrund eines freien Montags ganze 3 Tage am Stück frei hatten, entschieden Maike und Ich uns zusammen mit Jakob in besagter Stadt zu treffen und sie zusammen zu erkunden.
Da für uns die Reise etwas kürzer ist als den Herren aus Concepción nutzen Maike und Ich noch den Freitagabend um in Santiago wegzugehen und uns mit Freunden zu treffen.

Das gebuchte Hostel befand sich genau an einer Seite des "Plaza de Armas" also des sogenannten "Nullpunktes Santiagos". Da es sich im 7. Stock des Gebäudes befand war auch noch ein atemberaubender Ausblick auf das Treiben auf dem Plaza mit im Paket:


Bevor wir uns ins Nachtleben stürzten gönnten wir uns noch den ein oder anderen Pisco auf der Terrasse inklusive Besitzer und ein paar Gästen - generell muss ich sagen: Das Hostel-Leben hier in Südamerika scheint sehr belebt und lustig zu sein!


Nach einer langen Nacht und wenig Schlaf machten wir uns am nächsten Morgen noch auf in Richtung Mall um zu frühstücken und ein bisschen zu bummeln. Dabei durften wir auch den erbärmlichen Versuch eines US-Amerikaners beobachten sich etwas zu Essen zu bestellen - nach einminütigem hin und her bin ich eingesprungen und er hat mir im Nachhinein mein Essen bezahlt. Kann man nichts sagen haha!

Die sehr illustre Fahrt von Santiago nach Valparaíso habe ich dann aufgrund meines enormen Schlafdefizits leider komplett verschlafen. Angekommen an besagtem Ort trafen wir auch Jakob und nahmen uns das nächstbeste Taxi zu unserem Hostel mit dem Namen "Casa Aventura". Es wird von einem Deutschen betrieben und war deswegen gleich mal die erstbeste und sicherste Wahl! 

Unser Dreierzimmer war zwar spartanisch ausgestattet aber schließlich waren wir ja auch nur zum Schlafen da - Betten gab es! ;-) 

Sachen abgelegt, Badehose und Schwesterlein eingepackt ging's nichts wie ab an den Hafen. Valparaíso ist wie Rom auf Hügeln gebaut, was einem zwar Richtung Küste einen angenehmen Abstieg ermöglicht, jedoch einen nervigen Aufstieg beim Rückweg beschert. 


Auf dem Weg zum Hafen erblickte man auch schon einige der für Valparaíso so charakteristischen bunt angemalten Häuser und Graffiti. Unsere erste Station war dann nach einem kleinen Spaziergang am malerischen Fischerhafen jedoch erstmal einer der berühmten Aufzüge, die damals die reichen Leute für den Bau ihrer Häuser auf den Hügeln bauen ließen. Ganz wohl ist einem bei der Fahrt in den fast 120 Jahre alten nicht restaurierten Gefährten nicht, aber einen ersten schönen Ausblick auf die Stadt gewährt es allemal:


Nach ein paar Panoramabildern und einem kurzen Rundgang auf dem Hügel machten wir beim Abstieg noch einen kurzen Stopp in einem Restaurant, das in perfekter Lage lag um die Sonne im Meer versinken zu sehen.


Zurück im Hostel holten wir uns die letzten Empfehlungen für die besten Bars in Valparaíso und machten uns auf den Weg. Was sofort auffällt ist das Valparaíso ein ganz anderes Ambiente hat als zum Beispiel das im Vergleich sehr ruhige Städtchen Talca: Es wirkt gefährlicher, zwielichter und bedrohlicher. Trotzdem fanden wir ein Plätzchen in dem wir uns (wer hätte es anders gedacht) noch 1-2 Pisco zu Gute kommen ließen.

Auf dem Nachhauseweg wurde es dann doch immer komischer - Überall fuhren gepanzerte Fahrzeuge und Wasserwerfer herum, bis auf die Zähne bewaffnete Polizisten standen an jeder Ecke. Und dann fing es an: erst in meiner Nase und dann in meinen Augen fühlte ich einen immer stärker werdenden Reiz - Tränengas! Was uns entgangen war ist, dass es am Vortag gewalttätige Aufstände gab und sich die Massen wohl noch immer nicht ganz beruhigt hatten. 

Allweit bekannt ist aber natürlich mit welchem Scharfsinn man unter Alkoholeinfluss Situationen einschätzen kann - nämlich mit gar keinem. So bin ich natürlich auch direkt zum nächstbesten Polizist gerannt und hab ihn nach einem Foto gefragt. Dem "Du-dummer-Tourist-Gesicht" folgte die Anweisung uns doch bitte ein Taxi zu nehmen und endlich abzuhauen - wir taten es.

Nichtsdestotrotz widersteht kein lateinamerikanischer Mann der Magie einer blonden Frau und so kam zumindest Maike schließlich noch zu ihrem Bild:


Am nächsten Morgen durften wir uns eines sehr leckeren Frühstücks erfreuen und kamen ins Gespräch mit den verschiedensten Leuten, die fast alle auf Weltreise sind! Sehr interessante Lebensgeschichten kommen da zusammen. Der größte Zufall war aber, dass eine der am Tisch sitzenden Mädchen tatsächlich aus Dielheim kam und wir sogar gemeinsame Freunde haben - wie klein die Welt doch ist! 

Gegen Mittag bekamen wir Zuwachs von Freunden aus Santiago, die unserem Ruf gefolgt sind und sich mit uns den Karnevals-Umzug angucken wollten - An diesem Wochenende fand nämlich das Fest der 1000 Trommeln statt ("Fiesta de Mil Tambores"). Wie in Rio kämpfen hier nicht die Sambaschulen sondern die Trommelschulen gegeneinander! 

Das ist jedoch nicht das einzige Highlight dieser Fiesta: Was vor allem der männlichen Bevölkerung gefallen sollte ist der Brauch, dass sich die Frauen - wenn sie wollen (und scheinbar wollen viele haha) - nackt bemalen lassen und in der Parade mitlaufen. Alle unter 18 mal kurz die Augen zu ;-)


Alles in allem war es ein sehr schöner und entspannter Umzug in dem auch die Zuschauer aktiv teilnehmen konnten - ließen wir uns natürlich nicht entgehen und tanzten auch ein bisschen mit!


Den Rest des Tages verbrachten wir zu 7 noch damit über die Hügel zu schlendern und die Aussicht auf diese einzigartige Stadt zu genießen. Am Abend kehrten wir um die Ecke in einer Tapas-Bar ein und genossen einen internationalen Abend mit viel leckerem Essen und später wieder mal ein paar Piscos! 


Spät in der Nacht, gegen 3 oder 4 lief uns schon die mindestens vierte Gruppen an Deutschen über den Weg! Es ist unglaublich wie viele es von uns dort gibt. Code-Wort ist übrigens: "Man sieht's euch an" - tut man wirklich, denn sonst ist hier niemand blond oder käseweiß wie z.B. meine Wenigkeit.

Montag Vormittag verbrachten wir dann noch alle zusammen am Hafen bevor sich Maike und Ich wieder auf nach Santiago machten und die anderen weiter nach Viña del Mar zogen, da sie einen späteren Bus hatten. Die 4 Stunden Lay-Over in Santiago nutzen wir beide dann noch um das Reichstags-Equivalent Chiles zu besichtigen: La Moneda!

Das Gebäude das während dem Staatsstreich komplett zerbombt wurde erstrahlt heute wieder in neuem Glanz mit einer riesengroßen Fahne auf seinem Vorplatz.


Unter dem Vorplatz gibt es noch ein Museum, dass sich mit der Vorkolombianischen Zeit Chiles beschäftigt (also bevor Cristobal Colon Amerika entdeckte). Was mich dann doch sehr perplex machte, ist, dass als wir eintraten auf einer für ein Museum absolut undienlichen Lautstärke Chartmukke aus den Lautsprechern blies - unpassender geht's kaum, aber sie haben ja schon Humor die Chilenen.

Die Woche lief ansonsten wie immer, zu erzählen gibt es nicht viel, außer dass meine Mannschaft und Ich gerade dabei sind uns für den chilenischen Pokal anzumelden, an welchem wir hoffentlich Ende November teilnehmen! Im Kino waren wir gestern auch das erste Mal: Englisch mit spanischen Untertiteln - GEIL!

So, aber jetzt ist erstmal genug an Info, eure Augen sind bestimmt schon müde vom Lesen ;-) Ich weiß dieser Beitrag war mehr Theorie als Praxis, aber ich verspreche beim nächsten Mal wieder mehr Berichterstattung von lustigen Begegnungen mit den Gewohnheiten der chilenischen Bevölkerung!

Un abrazo, Niclas

1 Kommentar:

  1. Hallo (:
    Bin zufällig auf deinen Blog gestoßen, ich bin gerade auch ein Jahr in Chile, bin aber in Linares (ca. ne Stunde weg von dir). Vielleicht sieht man sich ja mal, wir sind 7 deutsche Freiwillige. Wünsche dir noch viel Spaß ;)
    Sophia

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