Sonntag, 9. September 2012

Kurioses Chile

Alo! So begrüßt man sich hier übrigens. Auch sonst ist hier sehr viel deutsches Erbgut übrig geblieben, nicht umsonst heißt die Top-Biermarke "Kunstmann - Das gute Bier". Trotzdem ist es dann als (blond und blauäugiger) Deutscher manchmal doch sehr komisch.. Erst heute, als wir mit einer der Sozialarbeiterin über den Markt im sozial sehr schwachen Norden geschlendert sind, ist mir aufgefallen wie oft das Wort "Gringo" hier im Zusammenhang mit Maike und mir fällt. "Gringo", so nennen sie eigentlich die US-Amerikaner...aber wir sehen halt leider wie welche aus. Und es ist verblüffend: Jedes Mal wenn ich dieses Wort aus dem Mund eines Einheimischen höre, bildet sich sofort eine gewisse Distanz in mir gegenüber diesem Individuum auf. Es klingt blöd, aber seit heute weiß ich ganz genau was das Wort "Kanacke" gegenüber Immigranten in Deutschland anrichten kann. Ansonsten verlief die Woche sehr ruhig. Am Donnerstag bauten wir zusammen mit den älteren Herrschaften ein Gartenhaus, in dem sie in Zukunft ihre Pflänzchen anbauen können. Mein Daumen ist mir zum Glück erhalten geblieben, aber natürlich komme ich als ausgebildeter Grobmotoriker nicht glimpflich davon - der Hammer, den irgendjemand auf dem Plastikdach hatte liegen gelassen ist mir bei einer ruckartigen Bewegung in klassischer Manier auf den Kopf gefallen...kleine Platzwunde inklusive. Hier das Bild der stolzen Bau-Amateure und des Ergebnisses (es fehlen einige):
Am Mittwoch (gehe die Woche jetzt mal rückwärts durch) war ich das erste Mal im Handballtraining. Trainiert wird hier an einer Universität etwas außerhalb der Stadt - der Spaß kostet mich knapp 45 Minuten meines Lebens..eine Tour. Nichtsdestotrotz stehe ich jetzt mit einer neuen, sehr netten und auch nicht ganz so schlechten Mannschaft wie ich das erwartet hätte, da. Dreimal die Woche darf ich mich nun meiner Leidenschaft widmen :-). Ansonsten sportl ich den Rest der Abende im lokalen Fitnessstudio..hab sonst abends nicht viel zu tun - und da man hier eh 3 mal am Tag sehr üppig isst, ist dies auch eine absolute Notwendigkeit. Generell genießen die Chilenen gerne und sind, was Sport angeht, ziemliche Faultiere. Um ehrlich zu sein hab' ich (außer meiner Handballmannschaft) bis jetzt genau 1 Person kennengelernt die nach meiner Frage ob wir nicht mal zusammen joggen gehen nicht angewiedert das Gesicht verzogen hat. Gleichermaßen kann ich an einer Hand die Menge an Frauen (und an der anderen Hand die Menge an Männern) abzählen, die ich bis dato mit schlanker Figur hab durch die Straßen schlendern sehen. Auf der anderen Seite hat das auch eine angenehme Note: Im Fitnessstudio laufen hier keine zwangskastrierte Anabolmonster herum. Jedoch wird auf Hygiene leider nicht viel wert gegeben, niemand benutzt ein Handtuch und die Gewichte haben schon einen maßgeblichen Rostgeruch. Hinzu kommt, dass man hier dauerhaft mit 150 Dezibel lauter, schlechter Home-Trainer-DVD Musik beschallt wird. Die Chilenen lieben übrigens Kurse...Während man sich in Deutschland höchstens mal beim Spinning mit anderen abstrampelt, gibt es hier mir davor unbekannte (mit gutem Grund wie ich bemerkt habe) Kurse wie "Insanity" und "BodyKombat". Vorstellen kann man sich darunter ungefähr das affigste was sich ein Individuum in der Öffentlichkeit antun kann. "Gekämpft" wird mit seinem eigenen Schatten - es nehmen Frauen UND MÄNNER teil. Muss mir jedes Mal ein Schmunzeln verkneifen wenn ich das halbe Fitnessstudio da rumhampeln sehe. Der Beschallung nicht genug ist das Treiben auch im Bus recht wild. Während man in Deutschland in der Straßenbahn womöglich eine Grille zirpen hören und ein Heuballen durch den Gang fegen würde, unterhalten sich die Chilenen gerne in üppiger Lautstärke. Deswegen setz ich mich - als berührungsscheuer Deutscher - lieber in ein colectivo..Immerhin gibt es da nur 3 andere Mitfahrer. Das nächste Mal erzähl ich euch wie das mit dem Nightlife hier so läuft.. bis dahin. Abrazos, Niclas

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